Versmaß bestimmen | einfach erklärt mit Beispielen

Das Versmaß (= Metrum) ist der Rhythmus in Gedichten und anderen Verstexten. Es entsteht durch die regelmäßige Abfolge betonter und unbetonter Silben.

Um das Versmaß zu bestimmen, musst du zuerst alle Wörter in Silben trennen. Anschließend markierst du die betonten Silben und benennst das Muster, das sich ergibt, mit dem richtigen Fachbegriff.

Beispiel: Metrum bestimmen
Mit meinem Saitenspiele,
Das schön geklungen hat,
Komm ich durch Länder viele
Zurück in diese Stadt.

Trennung der Wörter in einzelne Silben:

Mit | mei | nem | Sai | ten | spie | le,
Das | schön | ge | klun | gen | hat,
Komm | ich | durch | Län | der | vie | le
Zur | ück | in | die | se | Stadt.

Markierung der betonten Silben:

Mit | mei | nem | Sai | ten | spie | le,
Das | schön | ge | klun | gen | hat,
Komm | ich | durch | Län | der | vie | le
Zu | rück | in | die | se | Stadt.

(Joseph von Eichendorff, „Rückkehr“, 1812, Strophe 1)

In diesem Beispiel folgt die Betonung der Silben dem Muster unbetont–betont (= Senkung–Hebung). In jedem Vers gibt es genau drei Hebungen. Dieses Versmaß nennt man dreihebiger Jambus.

  • Jambus‘ bedeutet, dass die Silben dem Muster unbetont–betont (= Senkung–Hebung) folgen.
  • Dreihebig‘ bedeutet, dass es in jedem Vers genau drei betonte Silben (= Hebungen) gibt.
Beachte
Das rhythmische Grundmuster eines Verses nennt man auch ‚Versfuß‘, also z. B. Jambus (= unbetont–betont). Insgesamt gibt es in deutschen Gedichten vier Versfüße:

  • Jambus: unbetont–betont (= Senkung–Hebung)
  • Trochäus: betont–unbetont (= Hebung–Senkung)
  • Daktylus: betont–unbetont–unbetont (= Hebung–Senkung–Senkung)
  • Anapäst: unbetont–unbetont–betont (= Senkung–Senkung–Hebung)

Das Versmaß (= Metrum) ergibt sich aus dem rhythmischen Grundmuster sowie der Anzahl der Hebungen pro Vers, z. B.: ‚dreihebiger Jambus‘.

Was ist das Versmaß?

In jedem Text gibt es betonte und unbetonte Silben. Das gilt für Gedichte ebenso wie für Texte, die in Prosa geschrieben sind.

Wenn die Abfolge der betonten und unbetonten Silben regelmäßig ist, entsteht daraus ein Rhythmus. In Gedichten wird dieser Rhythmus als Versmaß (= Metrum) bezeichnet.

Die Angabe zum Versmaß eines Gedichts enthält immer zwei Informationen:

  1. das rhythmische Grundmuster, auf dem das Versmaß basiert
  2. die Anzahl der betonten Silben (= Hebungen) pro Vers

Es gibt vier rhythmische Grundmuster in Versen, die du kennen solltest: Jambus, Trochäus, Daktylus und Anapäst.

Diese rhythmischen Grundmuster werden auch ‚Versfüße‘ genannt. In der folgenden Tabelle siehst du die vier wichtigsten auf einen Blick:

Versfuß Beschreibung Schema Beispiel
Jambus unbetont–betont
(= Senkung–Hebung)
◡— Verstand
hinauf
Trochäus betont–unbetont
(= Hebung–Senkung)
—◡ Können
Singen
Daktylus betont–unbetont–unbetont
(= Hebung–Senkung–Senkung)
—◡◡ Einigung
hinderlich
Anapäst unbetont–unbetont–betont
(= Senkung–Senkung–Hebung)
◡◡— Apparat
parallel

Wenn du den Versfuß in einem Gedicht erkannt hast, zählst du anschließend, wie viele betonte Silben (= Hebungen) es pro Vers gibt.

Folgen die Silben in einem Gedicht z. B. dem Grundmuster unbetont–betont und gibt es in jedem Vers insgesamt vier Hebungen, ist das Versmaß ein vierhebiger Trochäus.

Beispiel: vierhebiger Trochäus als Versmaß
Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligthum.

Freu | de, | schö | ner | Göt | ter | fun | ken,
Toch | ter | aus | E | li | si | um,
Wir | be | tre | ten | feu | er | trun | ken,
Himm | li | sche, | dein | Hei | lig | thum.

(Friedrich Schiller, „An die Freude“, 1808, Strophe 1, Vers 1–4)

Weitere Beispiele und Erläuterungen zu verschiedenen Versmaßen findest du in unseren Artikeln über Jambus, Trochäus, Daktylus und Anapäst.

Tipp
Neben dem Versmaß ist ein weiteres rhythmisches Merkmal von Versen ihre Kadenz. Bei der Bestimmung der Kadenz werden nur die letzten Silben des Verses betrachtet.

Man unterscheidet zwischen ‚männlicher‘ (‚stumpfer‘), ‚weiblicher‘ (‚klingender‘) und ‚reicher‘ Kadenz:

  • Männliche Kadenz: Die letzte Silbe ist betont.
  • Weibliche Kadenz: Die letzte Silbe ist unbetont.
  • Reiche Kadenz: Die letzten beiden Silben sind unbetont.

Im obigen Beispiel „An die Freude“ von Friedrich Schiller sind die Kadenzen abwechselnd weiblich und männlich.

Wie kann man das Versmaß bestimmen?

Um das Versmaß in einem Gedicht zu bestimmen, musst du zwei Fragen beantworten können:

  1. Welches rhythmische Grundmuster gibt es, das sich in den Versen immer wiederholt, z. B. unbetont–betont (= Jambus) oder betont–unbetont (= Trochäus)?
  2. Wie oft wiederholt sich dieses Muster in den einzelnen Versen und wie viele betonte Silben (= Hebungen) gibt es entsprechend pro Vers?

Schauen wir uns dazu als Beispiel die erste Strophe des Gedichts „Rückkehr“ (1812) von Joseph von Eichendorff an.

Um die erste Frage beantworten zu können, teilst du als Erstes alle Wörter in Silben auf.

Beispiel: Aufteilung der Wörter in Silben
Mit | mei | nem | Sai | ten | spie | le,
Das | schön | ge | klun | gen | hat,
Komm | ich | durch | Län | der | vie | le\
Zur | ück | in | die | se | Stadt.

Anschließend markierst du die betonten Silben und schaust, welches regelmäßige Muster sich ergibt.

Beispiel: Markierung der betonten Silben
Mit | mei | nem | Sai | ten | spie | le,
Das | schön | ge | klun | gen | hat,
Komm | ich | durch | Län | der | vie | le
Zu | rück | in | die | se | Stadt.

Das rhythmische Grundmuster lautet hier unbetont–betont (= Senkung–Hebung). Dieses Grundmuster nennt man Jambus. Die erste Frage ist damit beantwortet. ✔️

Um die zweite Frage zu beantworten, musst du die betonten Silben (= Hebungen) in jedem Vers zählen.

Beispiel: Zählen der betonten in jedem Vers
Mit | mei | nem | Sai | ten | spie | le, = 3 Hebungen
Das | schön | ge | klun | gen | hat, = 3 Hebungen
Komm | ich | durch | Län | der | vie | le = 3 Hebungen
Zu | rück | in | die | se | Stadt. = 3 Hebungen

Es sind in jedem Vers genau drei Hebungen. Damit ist auch die zweite Frage beantwortet und du kannst das Metrum bestimmen. ✔️Es ist ein dreihebiger Jambus.

Tipp
Wenn dir die Bestimmung der betonten und unbetonten Silben schwerfällt, liest du das Gedicht am besten laut und übertrieben vor. So kommen die betonten Silben besser zur Geltung und sind leichter zu erkennen.

Was ist der Unterschied zwischen Versfuß und Versmaß?

Die Begriffe ‚Versfuß‘ und ‚Versmaß‘ werden häufig verwechselt, denn sie klingen ähnlich und haben eine ähnliche Bedeutung.

Der Unterschied besteht darin, dass der Versfuß das rhythmische Grundmuster eines Verses bezeichnet, das sich immer wiederholt, z. B. ‚Jambus‘ (= unbetont–betont).

Das Versmaß basiert auf diesem Grundmuster, aber es enthält immer auch eine Angabe zur Anzahl der Hebungen pro Vers, also z. B. ‚dreihebiger Jambus‘.

Tipp
Bei einer Gedichtanalyse oder Gedichtinterpretation wird häufig nicht nur das Versmaß bestimmt, sondern auch das Reimschema. Die wichtigsten Reimschemas sind:

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Häufig gestellte Fragen zum Versmaß

Welche 4 Metren gibt es?

Im Schulunterricht wird meistens zwischen den folgenden 4 Metren unterschieden:

  1. Jambus: unbetont–betont (Senkung–Hebung), z. B.: ‚Verstand‘
  2. Trochäus: betont–unbetont (Hebung–Senkung), z. B.: ‚Bäcker‘
  3. Daktylus: betont–unbetont–unbetont (Hebung–Senkung–Senkung), z. B.: ‚Königin‘
  4. Anapäst: unbetont–unbetont–betont (Senkung–Senkung–Hebung), z. B.: ‚Elefant‘

Der richtige Fachbegriff für diese kleinsten rhythmischen Einheiten in einem Vers lautet ‚Versfuß‘.

Das ‚Metrum‘ oder ‚Versmaß‘ ergibt sich aus allen Versfüßen in einem Vers zusammen, z. B.: ‚fünfhebiger Jambus‘.

Tipp

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Wie ist das Versmaß in einer Ballade?

Balladen können in unterschiedlichen Versmaßen (= Metren) geschrieben sein. In den meisten deutschen Balladen ist das vorherrschende Versmaß ein Jambus oder Trochäus.

Beim Jambus folgt die Betonung der Silben dem Muster unbetont–betont (= Senkung-Hebung). Ein Beispiel für eine Ballade, in der jambische Verse vorherrschen, ist Goethes „Der Erlkönig“ (1782).

Beim Trochäus ist es genau umgekehrt. Hier folgt die Betonung der Silben dem Muster betont–unbetont (= Hebung–Senkung). Ein Beispiel für eine Ballade mit dem Trochäus als Versmaß ist Goethes „Der Zauberlehring“ (1798).

Neben Jambus und Trochäus gibt es noch zwei weitere Versmaße, nämlich Daktylus (= betont–unbetont–unbetont) und Anapäst (= unbetont–unbetont–betont). In deutschen Balladen kommen sie jedoch nur selten vor.

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Wie erkennt man Jambus und Trochäus?

Jambus und Trochäus erkennt man an der unterschiedlichen Abfolge betonter und unbetonter Silben.

  • Jambus: unbetont–betont (Senkung–Hebung), z. B.: ‚Gesicht‘, ‚Verdacht
  • Trochäus: betont–unbetont (Hebung–Senkung), z. B.: ‚Räuber‘, ‚Tiere‘

Je nach der Anzahl der betonten Silben (= Hebungen) pro Vers ergibt sich daraus als Metrum (= Versmaß) z. B. ein vierhebiger Jambus oder ein vierhebiger Trochäus:

  • Vierhebiger Jambus: „Es | sitzt | ein | Vo | gel | auf | dem | Leim …“
  • Vierhebiger Trochäus: „Hörst | du | wie | die | Brun | nen | rau | schen …“

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Wie finde ich das Versmaß heraus?

Um das Versmaß (= Metrum) herauszufinden, musst du zwei Fragen beantworten können:

  1. Nach welchem rhythmischen Grundmuster werden die Silben in dem Gedicht betont, z. B. unbetont–betont (= Jambus) oder betont–unbetont (= Trochäus)?
  2. Wie oft wiederholt sich dieses rhythmische Grundmuster in jedem Vers, d. h. wie viele Hebungen gibt es insgesamt?

Nehmen wir als Beispiel die ersten vier Verse des Gedichts „An die Freude“ (1808) von Friedrich Schiller.

Beantwortung der ersten Frage: 

Um die erste Frage beantworten zu können, teilst du zunächst alle Wörter in Silben auf. Anschließend markierst du alle betonten Silben, z. B. indem du sie unterstreichst.

Freu | de, | schö | ner | Göt | ter | fun | ken,
Toch | ter | aus | E | li | si | um,
Wir | be | tre | ten | feu | er | trun | ken,
Himm | li | sche, | dein | Hei | lig | thum.

Wie du siehst, entspricht die Betonung der Silben dem rhythmischen Grundmuster ‚betont–unbetont‘. Dieses rhythmische Grundmuster nennt man ‚Trochäus‘. Die erste Frage ist damit beantwortet.

Beantwortung der zweiten Frage:

Um die zweite Frage beantworten zu können, zählst du einfach die betonten Silben in jedem Vers. In unserem Beispiel sind es in jedem Vers genau vier betonte Silben (= Hebungen).

Damit ist auch die zweite Frage beantwortet und du kannst das Metrum bestimmen: Es ist ein vierhebiger Trochäus.

Weitere Beispiele und Erläuterungen zur Bestimmung des Versmaßes findest du in unseren Artikeln über Jambus, Trochäus, Daktylus und Anapäst.

Tipp:

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Alexander Schnorbusch, M.A.

Alexander hat Philosophie und Literarisches Schreiben studiert und promoviert aktuell an der Hochschule für Philosophie München. Er schreibt über Grammatik, Stil und effektiven Sprachgebrauch.