Unreiner Reim | einfach erklärt mit Beispielen

Bei einem unreinen Reim klingen die Reimwörter ab dem letzten betonten Vokal ähnlich, aber nicht genau gleich.

Beispiel: unreiner Reim
Die Häfen waren geöffnet. Wir schifften uns ein,
die Segel voraus, den Traum über Bord,
Stahl an den Knien und Lachen um unsere Haare,
denn unsere Ruder trafen ins Meer, schneller als Gott.

(Ingeborg Bachmann, „Die Häfen waren geöffnet“, 1952, Strophe 1)

Hier handelt es sich bei den Wörtern ‚Bord‘ und ‚Gott‘ um einen unreinen Reim. Sie klingen ähnlich, aber es gibt es auch hörbare Unterschiede:

  1. In ‚Bord‘ ist das ‚o‘ lang, in ‚Gott‘ ist es kurz.
  2. Die Konsonanten ‚rd‘ in ‚Bord‘ klingen weicher als die Konsonanten ‚tt‘ in ‚Gott‘.
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Was ist ein unreiner Reim?

Ein unreiner Reim ist ein Reim, bei dem die Reimwörter ab dem letzten betonten Vokal ähnlich klingen.

Anders als beim reinen Reim stimmt der Klang der Reimsilben jedoch nicht exakt überein.

Je nachdem, worin der klangliche Unterschied zwischen den Reimsilben besteht, lassen sich verschiedene Arten von unreinen Reimen unterscheiden.

Beachte
Vokale sind im Deutschen die Buchstaben a, e, i, o, u. Hier sind jedoch auch noch die Umlaute ä, ö und ü sowie alle Diphthonge (‚au‘, ‚eu‘ usw.) mitgemeint.

Konsonanten sind im deutschen Alphabet die Buchstaben b, c, d, f, g, h, j, k, l, m, n, p, q, r, s, ß, t, v, w, x, y und z.

Unterschiedliche Vokalquantität

Manchmal gibt es Reime, bei denen die Vokale gleich sind, aber einmal kurz und einmal lang gesprochen werden. Man spricht dann von unterschiedlicher Vokalquantität.

Beispiel: unreiner Reim mit unterschiedlicher Vokalquantität
Und es standen einige um ihn
Und sie sagten, daß er stiller werde:
Komm wir tragen dich jetzt heim, Gefährte.
Aber er stieß sie mit seinen Knien
Spuckte aus und sagte: und wohin?
Denn er hatte weder Heim noch Erde.

(Bertolt Brecht, „Vom Tod im Wald“, 1926, Strophe 2)

Hier wird das ‚i‘ in ‚ihn‘ und ‚Knien‘ lang gesprochen, in ‚wohin‘ dagegen kurz.

Unterschiedliche Vokalqualität

Ein unreiner Reim entsteht auch, wenn die Vokale der Reimwörter einander klanglich nicht genau entsprechen. Dies nennt man auch unterschiedliche Vokalqualität.

Beispiel: unreiner Reim mit unterschiedlicher Vokalqualität
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
daß ich so traurig bin;
ein Märchen aus alten Zeiten,
das kommt mir nicht aus dem Sinn.

(Heinrich Heine, „Die Loreley“, Strophe 1, 1824)

Hier enthält das erste Reimwort ‚bedeuten‘ den Diphthong ‚eu‘. Er klingt so ähnlich, aber nicht genau gleich wie das ‚ei‘ in ‚Zeiten‘.

Unterschiedliche Konsonanten

Eine weitere Form von unreinem Reim ist gegeben, wenn die Konsonanten der Reimwörter nicht übereinstimmen.

Von einem unreinen Reim spricht man hier jedoch nur dann, wenn dieser Unterschied auch hörbar ist, wie in dem folgenden Beispiel.

Beispiel: unreiner Reim mit hörbar unterschiedlichen Konsonanten
Sie sprechen wieder von großen Zeiten
(Anna, weine nicht)
Der Krämer wird uns ankreiden

(Bertolt Brecht, „Deutsches Lied“, Strophe 1939, Strophe 1)

Hier enthalten die Reimwörter ‚Zeiten‘ und ‚ankreiden‘ einmal ein ‚t‘ und einmal ein ‚d‘. Der Unterschied ist im Schriftbild sichtbar und auch hörbar.

Im folgenden Beispiel ist der Unterschied zwischen dem ‚t‘ und dem ‚d‘ dagegen nicht hörbar, sodass es sich klanglich um einen reinen Reim handelt.

Beispiel: Reim mit unterschiedlichen Konsonanten, die gleich klingen
O wilder Geselle, o toller Fant,
Ich möchte dich kräftig umschlingen,
Und, Sehne an Sehne, zwei Schritte vom Rand
Auf Tod und Leben dann ringen!

(Annette von Droste-Hülshoff, „Am Turme“, Strophe 1, Vers 5–8)

Beachte
Wenn bei zwei oder mehr Wörtern die Vokale übereinstimmen, aber die Konsonanten verschieden sind, spricht man von einer ‚Assonanz‘.

Beispiele für Assonanzen finden sich in der Redewendung ‚Tag und Nacht‘ oder dem SprichwortHochmut kommt vor dem Fall‘.

Was ist ein reiner Reim?

Ein reiner Reim ist ein Reim, bei dem die Reimwörter ab dem letzten betonten Vokal genau gleich klingen. Im folgenden Beispiel sind ‚Nacht‘–‚gebracht‘ sowie ‚schließen‘–‚fließen‘ reine Reime.

Beispiel: reiner Reim
Denk ich an Deutschland in der Nacht,
dann bin ich um den Schlaf gebracht.
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Tränen fließen.

(Heinrich Heine, Nachtgedanken, 1843, Strophe 1, Vers 1–2)

Wie bei unreinen Reimen kommt es auch bei reinen Reimen auf den Klang der Wörter an.

Werden zwei Wörter ab dem letzten betonten Vokal gleich geschrieben, aber anders ausgesprochen, ist es kein reiner Reim, sondern ein sogenannter ‚Augenreim‘, z. B.:

  • Frage–Etage
  • Tag–Swag

Häufig ist bei Augenreimen eines der Reimwörter ein Fremdwort, hier z. B. ‚Etage‘ (französisch für ‚Stockwerk‘) und ‚Swag‘ (englisches Jugendwort für eine lässige Ausstrahlung).

Beachte
Bei der Analyse des Reimschemas in Gedichten wird nicht zwischen reinen und unreinen Reimen unterschieden. Die wichtigsten Reimschemas sind:

Häufig gestellte Fragen zum unreinen Reim

Wann ist ein Reim ein unreiner Reim?

Von einem unreinen Reim spricht man, wenn die Reimwörter ab dem letzten betonten Vokal ähnlich klingen, aber nicht genau gleich, z. B.:

  • Zeiten–deuten
  • Lust–Kunst

Die klanglichen Abweichungen können durch Unterschiede bei den Vokalen (Zeiten–deuten) oder bei den Konsonanten (Lust–Kunst) bedingt sein.

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Was ist ein Beispiel für einen unreinen Reim?

Ein Beispiel für einen unreinen Reim findet sich in der ersten Strophen von Heinrich Heines „Die Loreley“ (1824):

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
daß ich so traurig bin;
ein Märchen aus alten Zeiten,
das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Hier klingen die Reimwörter ‚bedeuten‘ und ‚Zeiten‘ ab dem letzten betonten Vokal ähnlich, aber nicht genau gleich.

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Alexander Schnorbusch, M.A.

Alexander hat Philosophie und Literarisches Schreiben studiert und promoviert aktuell an der Hochschule für Philosophie München. Er schreibt über Grammatik, Stil und effektiven Sprachgebrauch.